Die weltweite Unterhaltungsindustrie ist ein wettbewerbsintensiver Markt, der kulturelle und sprachliche Kluften überbrückt. Hinter den Kulissen erfordert dies ein hohes Maß an Übersetzungskunst, damit die Marketingstrategie auf internationaler Ebene ein erfolgreiches Produkt liefern kann, das maximalen Gewinn erzielt. Am Beispiel der Filmindustrie möchten wir Ihnen zeigen, warum die wörtliche Übersetzung eines Filmtitels zwar gelegentlich korrekt sein kann, aber niemals ein Ersatz für eine umfangreiche Prüfung und Lokalisierung ist.
Marketing
Die Marketingmaßnahmen der Filmindustrie sind umfangreich und die Budgets sind darauf ausgelegt, einen Film im Zielland zu einem Erfolg zu machen. Auch das beste Bild auf dem Plakat kann nicht verhindern, dass mögliche Zuschauer versehentlich abgeschreckt werden, falls der Filmtitel missverständlich oder mehrdeutig ist. Auf eine Übersetzung verzichten kann man nur dann, wenn die Hauptperson selber der Namensgeber des Films ist, wie beispielsweise Erin Brockovich oder Forrest Gump.
Filmtitel
Filmtitel verwenden häufig Adjektive, um den Filminhalt zu verdeutlichen. 2017 lief der Film „Hacksaw Ridge“ in Kinos auf der ganzen Welt an, was in Europa eine Änderung des Filmtitels erforderte, da der Originaltitel für Zuschauer außerhalb des anglophonen Raums keinen Sinn machte. Im Englischen wird das Wort „ridge“ (Gebirgskamm, Grat) häufig als Adjektiv zur Beschreibung einer Bergspitze verwendet, im Fall des Filmtitels wurde das Wort jedoch zum Substantiv, weil das Wort „hacksaw“ (Metallsäge) vorangestellt wurde. Der Titel besteht also aus zwei Substantiven, die ohne Adjektiv oder Verb keinerlei Rückschlüsse zulassen. Da vielen europäischen Zuschauern auch nicht bekannt sein dürfte, dass der Film seinen Originaltitel einem Felsgrat im japanischen Okinawa verdankt, konzentrierte sich die Übersetzung auf das Kriegsthema: in Frankreich entschied man sich für „Tu ne tueras point“ (Du wirst nicht töten), in Spanien für „Hasta el ultimo hombre“ (Bis zum letzten Mann) und in Deutschland für „Die Entscheidung“.
Gezielte Ungenauigkeit in Übersetzungen
Wenn eine tiefere Bedeutung in der Zielsprache nicht eins zu eins wiedergegeben werden kann, muss man andere Lösungen finden. Der englische Begriff „hacksaw“ ist in Amerika ein umgangssprachlicher Begriff für die beiden zerklüfteten Felsplateaus am japanischen Kriegsschauplatz. Die Zusammenführung der beiden Begriffe im Filmtitel machte für den anglophonen Markt Sinn, war aber nicht ausreichend im Rahmen einer multinationalen Markenprüfung durchdacht, um auch die Zuschauer in anderen Ländern erfolgreich anzulocken.
Ein anderes Problem ist die im Filmtitel angedeutete Persönlichkeit eines Hauptdarstellers: Clint Eastwood spielte in dem Film „Dirty Harry“ einen undisziplinierten Polizisten namens Harry Callahan. Eine wörtliche Übersetzung hätte hier auf mangelnde Hygiene schließen lassen, daher wurde diese negative Assoziation vermieden, indem der Film im Original einfach „Inspektor“ genannt wurde, statt auf das Verhalten des Hauptdarstellers anzuspielen.
Auch mit Markennamen können Sie ins Fettnäpfchen treten
Kulturelles Bewusstsein ist unverzichtbar, wenn es um das erfolgreiche Branding eines Spielfilms geht. In China geriet „Pretty Woman“ in einen Marketing-Albtraum, denn der übersetzte Filmtitel verriet die Handlung. Die Übersetzung des Titels war zwar nicht falsch, aber ihr fehlte das Fingerspitzengefühl, was den Leser in die Irre führte. Die Markenprüfung ist auf die enge Zusammenarbeit mit dem Kunden angewiesen, damit sichergestellt werden kann, dass alle Ergebnisse angemessen berücksichtigt werden. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Dienstleistung, die speziell darauf abzielt, ein Produkt im Zielland erfolgreich zu vermarkten. Fehlgriffe bei Markennahmen entstehen meist dann, wenn die Überprüfung nicht sorgfältig genug durchgeführt wurde oder überhaupt nicht stattgefunden hat.
Manchmal geht es nicht ohne Manipulierung
Unterschwellige Andeutungen in Filmtiteln sind ebenfalls ein Hindernis für den Übersetzer. Die Genauigkeit der Übersetzung ist hier eher technischer Natur, sodass die Qualität des Titels in der Zielsprache davon abhängt, ob der Leser zu den gleichen Rückschlüssen gelangt wie in der Ausgangssprache. Als der Spielfilm „Grease“ in die Kinos kam, fanden die Verantwortlichen, dass dieser Titel für das argentinische Publikum nicht geeignet war und tauften ihn dort in „Vaselina“ um. Dieser Titel weckte zwar nicht die Assoziation von Autorennen und ölbefleckten Mechanikern, die durch den Originaltitel hervorgerufen wurde, war aber ein Hinweis auf die Haarmode der 50er Jahre, in der Vaseline häufig zum Einsatz kam. Hier wurde also versucht, die Doppeldeutigkeit des Wortes beizubehalten – aber um dies zu erreichen, musste der Originaltitel manipuliert werden.
Kein Detail übersehen
Wenn man bedenkt, welch massive Investition nötig ist, um ein Produkt auf dem Weltmarkt zu platzieren, ist ganz klar, dass Unternehmen es sich nicht leisten können, ihr Erscheinungsbild aus den Augen zu verlieren. Nur durch intensive Überprüfung lassen sich auch feinste problematische Zwischentöne aufdecken – für einen Bruchteil der Investitionskosten lässt sich so gewährleisten, dass ein Unternehmen mit kultureller Kompetenz ganz in die Gesellschaft des Ziellandes eintauchen kann. Und das ist unbezahlbar!
(ursprünglich auf www.transtrans.co.uk in englischer Sprache veröffentlicht)