Große Marken – internationaler Schiffbruch

Nennen Sie es einen Fauxpas, einen Missgriff, einen Fehlschlag oder einen Totalausfall: wenn große Marken einen internationalen Fehler machen, landen sie damit meist auf den Titelseiten der Zeitungen. Solche Fehler können aufgrund von schlechtem Marketing, fehlerhaftem Unternehmensverhalten, mangelndem kulturellen Bewusstseins, fehlgeleiteter Marktforschung oder schlampiger Betriebsführung auftreten.

Wichtig ist, ein internationales Unterfangen genauso anzugehen, wie Sie das mit einem völlig neuen Geschäft machen würden. Anstatt bestehende Geschäftspläne oder –strategien auszupressen, zu verdrehen oder zu verfeinern, damit Ihre Expansionspläne hineinpassen, sollten Sie sich auf angemessene Marktforschung und –anpassung konzentrieren, denn das sind die zentralen Erfolgsfaktoren.

 

Walmart in Deutschland

1997 und 1998 erwarb der Einzelhandelskonzern Walmart zwei deutsche Unternehmen: Wertkauf und Interspar. Zur gleichen Zeit expandierte die Marke in neue Märkte, darunter China, Indien und Kanada. Der genaue Grund für das Versagen von Walmart in Deutschland ist immer noch umstritten, es herrscht aber weitgehende Übereinstimmung darüber, dass die Kultur dabei eine große Rolle spielte. Das Unternehmen erlitt geschätzte Verluste in Höhe von 1 Milliarde USD.

Einige der internen Praktiken und Führungsstile passten nicht zu den deutschen Mitarbeitern, wie beispielsweise das allmorgendliche Singen der Firmenhymne. Der autokratische Führungsstil, die Ermutigung, Kollegen auszuspionieren und die wenig wertschätzende Haltung gegenüber den Angestellten – all dies schlug tiefe Kluften in den deutschen Betriebsstätten des Konzerns. Die negative Stimmung griff schnell von den Mitarbeitern auf potentielle Kunden über, was die Ablehnung der Marke anheizte.

Ähnlich wie schon bei dem Fehlschlag in Mexiko hatte Walmart den deutschen Marktplatz und insbesondere die Einkaufsgewohnheiten der Kunden nicht bedacht: deutsche Kunden waren nicht daran gewöhnt, Premiumprodukte auf Augenhöhe und billige Produkte in den obersten oder untersten Fächern vorzufinden. Das Layout der Walmart-Märkte passte nicht zu Kunden, die schnell und möglichst effektiv einkaufen wollen. Und auch in den USA übliche Sitten – z.B. die Kassiererin zum Lächeln aufzufordern – wurden in Deutschland als seltsam und unaufrichtig empfunden.

 

Coca Cola in Indien

Weil Coca Cola eine der meistbekannten Marken der Erde ist, neigt man dazu, das Unternehmen für weltweit erfolgreich zu halten. Tatsächlich zog sich Coca Cola aber 1977 aus dem indischen Markt zurück, nachdem das Unternehmen sich geweigert hatte, der indischen Regierung seine Rezeptur offenzulegen. 1993 unternahm Coca Cola einen neuen Vorstoß, wurde aber weithin für seinen Erfolg kritisiert. Von 2003 bis 2006 wurden das Produkt sowie sein Erzrivale Pepsi von einigen lokalen indischen Regierungen verboten, weil eine Umweltschutzorganisation den Vorwurf erhoben hatte, die Getränke enthielten eine große Menge an Pestiziden.

Gemeinden in ganz Indien, die sich in der Nähe der Abfüllanlagen befanden, litten unter schwerer Wasserknappheit, weil Coca Cola die Wasserresourcen ausbeutete und so ein Absinken des Grundwasserspiegels verursachte. Selbst Untersuchungen der BBC ergaben Kadmium- und Bleifunde in den Produkten und Abfällen der Werke. Auch die Verschmutzung der umliegenden Brunnen, des Grundwassers und des Bodens war aufgrund des verfehlten Abfallmanagements gravierend.

Die meisten Analysten stimmen dahingehend überein, dass Coca Cola vor dem Hintergrund von lokalen Regierungsskandalen schneller hätte reagieren können. Die Entscheidung des Unternehmens, seine Rechte an geistigem Eigentum zu schützen, wird jedoch als die beste Entscheidung im Sinne der Langlebigkeit der Marke betrachtet.

 

Nestlé in Afrika

Dieses besondere Beispiel für den Misserfolg einer Marke hängt hauptsächlich mit der fehlenden Sensibilität im Umgang mit anderen Kulturen zusammen, denn Nestlé versuchte, einer ungeeigneten Zielgruppe eine Botschaft zu vermitteln. Der Ausgangspunkt des Skandals war Nestlés Entscheidung, mittellose Mütter in Entwicklungsländern als Zielgruppe zu wählen. Mit aggressiven Marketing- und Werbekampagnen in Afrika sowie in Asien und Südamerika vertrat das Unternehmen die Meinung, dass Milchpulver wohlschmeckender und gesünder sei als Muttermilch. Das Pulver, das mit Wasser angerührt werden musste, wurde für die Erkrankung vieler Kinder verantwortlich gemacht, da frisches und sauberes Wasser in der gewählten Zielgruppe nicht leicht zugänglich war.

In der Folge sah sich das Unternehmen einem Boykott ausgesetzt, der 1977 begann und auch heute noch in vielen Ländern auf der ganzen Welt fortgeführt wird. Das Problem hat sich für Nestlé nicht gelöst, denn die Förderung von Flaschennahrung und die Ablehnung des Stillens werden weiterhin im Zusammenhang mit der Erkrankung und dem Tod von Kindern in armen Gemeinden diskutiert. Die Marke hatte eine Einschätzung des Marktplatzes vorgenommen und die Botschaft formuliert, die sie transportieren wollte – und dabei die Macht internationaler Interessengruppen übersehen.

(Ursprünglich auf www.brandsandborders.com in englischer Sprache veröffentlicht.)

Tagged:

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen